Einen Vorgeschmack auf das, was in den kommenden Tagen passieren könnte, lieferten sich Anhänger bereits in der Nacht zu Donnerstag am Dortmunder Regionalflughafen Wickede. Gut 30 Mitglieder der Ultras Gelsenkirchen waren angereist, um eine Gruppe mazedonischer Fußballfans zu empfangen. Die Ultras der "Komiti Skopje" verbindet seit vielen Jahren eine Fanfreundschaft mit den Gelsenkirchenern, seitdem Schalke einmal im UI-Cup beim FC Vardar in Mazedonien zu Gast war.
Als die Schalker ihre Freunde vom Balkan abholen wollten, lauerten ihnen mehr als 50 gegnerische Hooligans einer "unbekannten, vermutlich rivalisierenden Fangruppierung" auf, wie es die Dortmunder Polizei zunächst in ungewohnt zurückhaltendem Ton formulierte. Am Mittag sprachen die Ermittler dann von "Dortmunder Problemfans".
Keine wilde Schlägerei, keine Verletzten
Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE handelte es bei den "Problemfans" um Anhänger der teilweise rechtsextremen Hooligan-Gruppe Northside und des offenen rechten und gewaltbereiten Ultra-Bunds der Desperados. Letztere waren es auch, die in der Vergangenheit mit homophoben Plakaten und Übergriffen auf linke Ultra-Gruppen negativ aufgefallen waren. Zwischen den Desperados und der Northside, die sich zum großen Teil aus erfahrenen Streetfightern und Mixed-Martial-Arts-Kämpfern zusammensetzt, herrschen seit Jahren enge Beziehungen. Einer der Desperado-Köpfe, Marc G., ist ein Verbindungsglied zwischen beiden Gruppen.
Als beide verfeindete Gruppen aufeinander trafen, flogen Steine aus dem Dortmunder Pulk. Die Gelsenkirchener Ultras antworteten mit Pfefferspray. Bevor die Situation eskalieren konnte, griff allerdings die Polizei ein. Eine wilde Schlägerei, von der mehrere Medien zunächst berichteten, gab es demnach nicht. Verletzt wurde niemand, lediglich ein Auto wurde beschädigt. Besonders clever aus Hooligan-Sicht dürfte es ohnehin nicht gewesen sein, sich einen Flughafen als Ort für eine Auseinandersetzung auszusuchen - einen der am besten mit Kameras überwachten Plätze überhaupt.
Die Dortmunder Polizei hängte den Vorfall zunächst bewusst niedrig, man sei noch dabei, "unterschiedliche Aussagen auszuwerten", sagte ein Polizeisprecher am Vormittag SPIEGEL ONLINE. Offenbar verfolgen die Sicherheitsbehörden die Strategie, die Atmosphäre im Vorfeld des Derbys möglichst ruhig zu halten.
7000 Dortmunder werden auf Schalke erwartet
Die Stimmung ist seit dem Hinspiel vom Oktober aufgeheizt genug. Bereits vor der Partie war es damals zu zahlreichen Auseinandersetzungen gekommen. Schalker Fans waren von der Polizei eingekesselt worden. Noch während des Spiels hatten Schalker ein entwendetes BVB-Banner entrollt. Aufgebrachte Dortmunder versuchten daraufhin, in den entsprechenden Schalker Block einzudringen, die Polizei musste sie aufhalten.
10.000 Schalker waren zum Hinspiel in die Nachbarschaft nach Dortmund gefahren, am Samstag werden sich 7000 Dortmunder zum Gegenbesuch auf Schalke aufmachen. Dabei sein wird dann auch Hilmar-Roger Schmülling. Er gehört zu einer äußerst seltenen Spezies. Schmülling lebt in Dortmund - er ist aber Schalke-Fan und betreibt sogar einen königsblauen Fanclub in Feindesland: den "blau-weißen Stachel".
Schmülling ist einer, der die gewaltsamen Auseinandersetzungen nicht nachvollziehen kann: Hass im Fußball? Das sei doch "völlig unangebracht".
Nicht alle werden am Samstag so denken.
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